Die interaktive Kolumne

Lange hat man drauf warten müssen, nun ist sie endlich da: Die interaktive Kolumne. Am Ende eines jeden Absatzes hat man eine Entscheidung zu fällen. Bitte lesen sie bei dem Abschnitt weiter, der ihrer Entscheidung entspricht. Und nun viel Spaß! Du bist gerade von der Schule gekommen und das ganze Leben steht vor dir. Dazu musst du aber zuerst entscheiden, wie dein Lebensweg jetzt aussehen soll. Was hast du geplant? Erst mal eine große Reise, um die Welt kennenzulernen? Gehe zu 1). Oder sich direkt ins Studium stürzen? Gehe zu 17) Oder möchtest du zuerst einfach mal anfangen zu arbeiten? Gehe zu 17).

1) Du hast dich entschieden, erst mal eine große Reise anzutreten. Das ist vernünftig. Nichts bringt einem größere Vorteile im späteren Berufsleben, als fremde Menschen und Kulturen kennenzulernen. Außerdem wird das die Freundschaftsanfragen in deinem Facebook-Account ordentlich in die Höhe treiben und darauf kommt es ja schließlich an, oder? Des weiteren hast du beschlossen, von deiner Reise zu twittern. Anstelle von ewig langen Blogeinträgen, die die letzten 4 Tage behandeln, wirst du einfach jeden Tag mehrere kleine Tweets auf deine Freunde/Follower loslassen. Das hälst du für direkter, ungefilterter. Und einmal in der Woche wirst du einen großen Blogeintrag schreiben, in dem du deine letzten Tweets noch mal zusammenfasst. Nun sei mir noch eine Frage gestattet: Weltreise (gehe zu 2)) oder Interrail (gehe zu 3))?

2) Dir ist klar, dass deine Reise nur einen größeren Sinn haben kann, wenn sie dich um die ganze Welt führt. Das leuchtet ein, willst du doch das größtmögliche Kulturenspektrum sehen und erleben. Dafür sollte es dich schon auf jeden vorhandenen Kontinent bringen. Zum Glück hat dein Vater dieses gut laufende Unternehmen und kann dir deswegen deinen Traum nach „direkter Bildung“, wie du es euphemistisch formulierst, erfüllen. Dass du eigentlich nur überall trinken und Backpackerinnen abschleppen willst, muss er ja nicht so genau wissen und ist außerdem dein direkter Beitrag zur Globalisierung im positivst möglichen Sinne. Möchtest du erst nach Südamerika 4) oder nach Australien 5)?

4) Arriba, arriba! Wie wundervoll ist es doch in Mexiko. Was für ein unkompliziertes Land! Dein Check-In im Hotel ging wunderbar schnell und jetzt guckst du dir erst mal die Stadt an. Den Stadtplan hast du wohlweislich im Hotel gelassen, damit du dich nicht sofort als Touri outest. Ja, du magst zwar noch jung sein, aber du weißt, wie man sich zu verhalten hat. Nur wie man jetzt mit dieser Situation umgehen soll, dass du ein paar Blocks entfernt Schüsse hörst, hat dir niemand gesagt. Du zückst dein Handy, um das zu twittern, da bitten dich schon ein paar freundliche Muchachos um die Herausgabe des Mobiltelefons. Um ihrer höflichen Bitte Nachdruck zu verleihen, unterstreichen sie ihr Anliegen mit einem Messer, das sie an deine Kehle halten. Dir bleibt nur die Wahl zwischen drei Möglichkeiten: 6) Du machst, was sie wollen, um danach die Polizei zu verständigen, 7) du spielst den Helden und tust so, als würdest du sie nicht verstehen oder 8) du fängst sofort an zu schreien.

6) Du reichst ihnen dein Telefon, guckst sie grimmig an und ziehst von dannen. An der nächsten Telefonzelle wirfst du deine letzten Münzen, die sie dir freundlicherweise gelassen haben, in den Apparat und verständigst die Polizei. Dummerweise kommen in diesem Moment die neuen Besitzer deines Handys um die Ecke und kriegen mit, was du tust. Gehe zu 9)

7) Du sagst immer nur „No comprende!“ und lächelst die beiden Typen grenzdebil an. Langsam verlieren sie die Geduld mit dir. Ihr Ton wird lauter und sie fuchteln immer wilder mit ihren Messern rum. Seelenruhig beobachtest du das Treiben. Dir kann ja zum Glück nichts passieren, denkst du. Gehe zu 9)

8) Du hast keine andere Wahl, als einfach laut und hysterisch loszuschreien. Irgendwer wird dir ja wohl helfen, oder vielleicht sind die beiden so abgeschreckt, dass sie eh die Finger von dir lassen. Gehe zu 9)

9) Du kriegst ihr Messer in den Rücken.

5) Gut, du fliegst also erst nach Australien. Da hast du schon viel, und ausschließlich Gutes von gehört. Das dürfte doch ein würdiger Start für deine Weltreise sein. Am Flughafen angekommen, werden erst mal deine Schuhe desinfiziert, damit du keine Festlandepidemien auf die Insel trägst. Als du endlich von oben bis unten steril bist, darfst du passieren. Nimmst du jetzt ein Taxi 10) oder den Bus 11) zu deinem Hotel?

10) Du steigst in das Taxi ein. Den Akzent, mit dem der Taxifahrer spricht, findest du niedlich. Du sagst ihm, wo dein Hotel ist und los geht die Reise. Ahhh. Australien. Endlich bist du hier. Du kurbelst dein getöntes Fenster herunter, um mal die heimische Luft zu atmen. Der Taxifahrer ruft dir noch panisch etwas zu, aber du reagierst zu langsam. Als die australische Sonne, die nicht mehr durch eine Ozonschicht geschützt ist, dich trifft, verbrennst du sofort und nur ein Häufchen Asche bleibt von dir übrig. Du hast an alles gedacht, nur nicht an Sonnencreme.

11) Der Bus ist alt und klapprig und wenig vertrauenerweckend, als er sich ächzend in Bewegung setzt. Aber hey: Dafür ist es die günstigste Version, um in die Stadt zu kommen. Leider ist es auch die riskanteste. Nicht nur, dass dir das Teil jederzeit um die Ohren fliegen könnte, denkst du, auch deine anderen Mitpassagiere sehen alles andere als vertrauenerw… BOOOOM!!! Na immerhin war der Bus schneller als die Schurken.

3) Na, wenn das kein Klassiker ist: Interrail! Du suchst also das große Abenteuer, wie schon so viele vor dir! Das ist doch super, du wirst schon bald einen wunden Arsch haben und für lange Zeit keinen Zug mehr von innen sehen können, aber bis dahin macht es eine Menge Spaß. Mit dem Zug quer durch Europa, hoffentlich sind da noch viele andere süße Mädchen unterwegs, denn hey: Darum geht es hier schließlich auch. Frohgemut besteigst du deinen ersten Zug Richtung Paris. Setzt du dich ins Großraumabteil 12), ins Mutter-Kind-Abteil 13) oder in den Gang 14)?

12) Großraumabteil ist immer gut. Kann man eigentlich immer gut entspannen. Okay, das ist jetzt Pech, dass der einzig freie Platz neben einer Kegeltour 65-jähriger Frauen ist, die sich „Die wilden Hilden“ nennen. Ja, die trinken wirklich schon sehr früh Sekt und Schnaps, aber das sind erwachsene Frauen, die wissen schon, was sie machen. Gut, die werden immer lauter, und die Frikadellen, die sie aus ihrer Tupperware ziehen, riechen etwas streng, aber solang es ihnen schmeckt! Davon lässt du dir doch nicht den Start deiner Reise vermiesen! Eine von ihnen, die wohl schon einen Piccolo zu viel intus hat, kommt auf dich zu. Was nun? Möchtest du lächeln 15), oder stellst du dich schlafend 16)?

15) Du lächelst sie an, als sie auf dich zuwankt. Sie stolpert auf die letzten Meter und fällt dir direkt in die Arme. Unsicher lächelst du weiter und weißt nicht, was zu tun ist. Sie aber umso mehr. Sie bäumt sich auf, ruft nur noch „Mein Retter!“ und steckt dir ihre alte Zunge in den Hals. Du kannst dich nicht wehren, sie ist nicht nur fast dreimal so alt wie du, sondern auch dreimal so schwer. Ihre Freundinnen jubeln laut auf und kommen angerannt. Vermutlich wirst du Paris nicht mehr sehen.

16) Du stellst dich schlafend, als sie auf dich zuwankt. Sie stolpert auf die letzten Meter und fällt dir direkt in die Arme. Du stellst dich weiter krampfhaft schlafend und hörst sie nur etwas lallen von „Munsssumunbeatmung!“, bevor du ihre alte Zunge tief in deinem Rachen spürst. Hustend „wachst“ du auf, aber hier kommst du nicht mehr weg. Nicht nur hat diese Frau dich „besetzt“, jetzt kommen auch noch ihre Freundinnen angestürzt, weil sie auch was von dir haben wollen. Du wirst Paris nicht mehr sehen.

13) Du setzt dich ins Mutter-Kind-Abteil, weil da noch ein Platz frei ist. Die anwesenden Mütter gucken dich argwöhnisch an. Du lächelst sie einfach an, lässt dich auf den Sitz plumpsen und sagst noch in die Runde: „Der Kevin kommt gleich, ist nur noch gerade auf Toilette…“. Erleichtert atmen die Mütter auf. Jetzt sind sie alle beruhigt. Da du Hunger hast, packst du deine Snacks aus. Du hast dir ’ne Tüte Gummibärchen eingepackt, ein paar Nutella-Brötchen und ein Käse-Wurst-Mayonaise-Sandwich. Du packst alles aus und legst es vor dich. Sofort kommen die ersten Kinder und betteln um Gummibärchen. Fröhlich gibst du ihnen welche. Ihre Mütter nehmen sie den Kindern ab und geben sie dir zurück, weil sie nicht aus dem Bioladen sind. „Dann nicht“, denkst du dir, als du deine Cola aus dem Rucksack ziehst und trinkst. Dazu erst mal ein Nutellabrötchen. Die Kinder im Abteil kollabieren, schreien, heulen, toben, weil du ihnen alles vor isst, was sie nicht essen dürfen. Die Mütter fragen dich noch mal, wo denn dein Sohn bleibt und du merkst langsam, dass es hier unangenehm wird. Du versuchst vorsichtig, aus dem Abteil zurück zu weichen. Aber die Tür ist verkantet und du kommst nicht raus. Die Kinder sind schon durchgedreht und stürzen sich auf deine Essensvorräte. Die Mütter haben sie nicht mehr unter Kontrolle. Sofort ziehen sie die Horn-Haarnadeln aus ihren Dutts und gehen langsam auf dich zu. Sie beschimpfen dich. Der Arzt an der nächsten Bahnstation kann nur noch deinen „Tod durch Horn-Haarnadeln im ganzen Körper“ feststellen.

14) Du suchst dir einen Platz im Gang, legst deinen Rucksack hin und versuchst, es dir so gemütlich wie möglich zu machen. Du packst dein Buch aus und fängst an zu lesen. „On the Road“, von Kerouac, was sonst. Das monotone Rattern des Zuges über die Gleise, das schöne Buch mit seiner hypnotischen Langsamkeit, die schlechte Luft im Gang – all das addiert, macht dich unglaublich schläfrig, bis du einnickst. Deswegen bekommst du auch nicht mit, dass an der nächsten Station anscheinend eine Bundeswehrkaserne sein muss, denn die ganzen Jungs fahren in ihren Wochenendurlaub. Leider übersehen sie dich beim Einsteigen und du löst, auf dem Boden liegend, eine Kettenreaktion aus. Der erste stolpert über dich, verliert sein Marschgepäck, woraufhin sich der nächste auch nicht mehr halten kann und so weiter. Als schließlich das ganze Kuddelmuddel wieder aufgelöst ist, kann man dich nur noch mit einem Spachtel vom Boden aufkratzen.

17) Soviel zum Reisen. Sollte das, allen Erwartungen zum Trotz, irgendeinem Leser Spaß gemacht haben, kann man sich ja das nächste Mal um Studium und Beruf kümmern. Oder ums Flirten. Ansonsten lassen wir es lieber.

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