Archive for Dezember, 2010

Ein jÜdisches Gen namens Humor –
Oliver Polak

berlinerweisse

Polak ist ein komischer Jude. Ja, Sie haben richtig gelesen: Oliver Polak ist ein komischer Jude. Aber vielleicht lesen Sie diesen Satz auch falsch. Ich meine nicht, dass Oliver Polak ein komischer Jude ist, so wie man vielleicht denken könnte, dass Michel Friedmann ein komischer Jude ist. Nein. So meine ich das nicht. Oliver Polak ist witzig oder wenn ihnen das lieber ist: Oliver Polak ist lustig. Manchmal muss man die bittere Pille halt schlucken um lachen zu können und so ist es nicht verwunderlich, dass Oliver Polak mehr an die selbstreferentielle Incorrectness eines Woody Allens oder einer Sarah Silverman erinnert, als an den biergeschwängerten deutschen Stammtischklamauks eines Mario Barth.

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Polak ist schwarzhumorisch und selbstironisch und freut sich auch schon mal darüber, dass er in England auch einfach mal Deutscher sein kann. Denn Jude sein ist manchmal wirklich anstrengend. Da kommt es gelegen auch mal einen Song zu machen, der das eigene Leid persifliert: “Lasst uns alle Juden sein” heißt dieser Song, den Polak zusammen mit Erobique aus Hamburg aufgenommen hat. Und wie es sich für popkulturelle Kommunikation gehört, gibt es jetzt auch ein Video zu diesem Song, in dem sich unter anderen Malermeister Daniel Richter (der etwas gelangweilte Typ am Keyboard) und Hamburger Schule-Mastermind Dirk von Lowtzow die Ehre geben. Letzterer gibt dem Ganzen den letzten humoristischen Schliff: “Ich möchte Teil einer Judenbewegung sein”. Na dann, lasst uns alle mal Juden sein.

Oliver Polak trägt gerne bequeme und gerade geschnittene Jogginghosen. Natürlich solche mit den drei Streifen. Dazu Turnschuhe, Kapuzenpulli und Jacke. Er sieht immer so aus, als müsste er eigentlich gleich weiter und als sei ihm das alles etwas unangenehm. Doch unangenehm wird es erst einmal für das Publikum, denn der Panda aus Papenburg geht gerne mal an die Grenzen und stellt sich die wirklich wichtigen Fragen, denen sich ein deutscher Jude heutzutage stellen muss: Wie feiert man am selben Tag Mauerfall und Reichsprogromnacht und in welchem Kostüm? Oder taugt “Meine Oma ist in Auschwitz gestorben” als Anmachspruch? Fragen, die sich keiner zu stellen traut und die Polak beantwortet. Ohne falsche Scham. Unbekümmert. Extrem komisch.

Spätestens wenn Oliver Polak einem Türken versucht zu erklären, wie man jüdische Stand-Up-Comedy macht oder er erzählt wie eine Frau ihn mal fragt: “Sie sind ja Jude. Kann man davon eigentlich leben?”, spätestens dann wird klar, dass hier jemand auf der Bühne steht, der aus einer ganz anderen Generation wie Henryk M. Broder stammt und der seine ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse einfach so in den popkulturellen Echoraum hinausposaunt. Und weil grandiose Selbstüberschätzung zu dieser Generation und zum Handwerk eines jeden guten Comedian gehört, verschont uns Oliver Polak auch nicht mit seinen Sangeskünsten: “Lasst uns alle Juden sein” heißt dieses zusammen mit dem Hamburger Indietronic-Helden Erobique produzierte Stück elegischer Verantwortungsmusik, welches das Leben feiert und das Publikum in einen kollektiven Rausch versetzt. Plötzlich ist man mittendrin und feiert seine eigene Bar Mitzwa. Eine solche Show hat es in Deutschland noch nicht gegeben, denn Polak bricht Tabus wie Bulimiker ihr Essen und gibt Deutschland damit etwas wieder, von dem man glaubte, es wäre diesem Land verloren gegangen: Jüdischen Humor. Dabei muss er nicht intellektuell sein um aufklärerisch zu wirken. Manchmal bringen einen die vermeintlichen kleinen Erkenntnisse des Lebens weiter: Es ist nicht einfach Frauen ins Bett zu quatschen, da hilft dir auch der Holocaust nicht weiter.

Das Live-Programm von Polak ist soeben als CD erschienen: “Jud Süß-Sauer. Die Show” heißt das gute Stück und ist überall im Handel erhältlich.

Wir verlosen 2 Exemplare, einfach bis zum 15. Dezember eine Mail mit dem Betreff “ich will auch Teil ener Judenbewegung sein” an verlosung[at]blank-magazin.de schicken und Glück haben. Rechte Wege sind natürlich ausgeschlossen.

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