SelbstgesprÄch

von Phil Vetter

Ich bin es nicht gewohnt, mit dem Flugzeug zu reisen, da ich die letzten Monate permanent mit meinem Segelboot unterwegs war. Nun sitze ich aber in einem Stunden andauernden Trans-Atlantik-Flug von Philadelphia nach München. Durch die Zeitverschiebungen zwischen den USA und Europa sind seltsame Dinge passiert. Zum Beispiel ist es erstaunlicherweise so, dass neben mir im Sitz 24E kein anderer sitzt als ich selbst. Eigenartig, denke ich mir. Nach anfänglicher Verwirrung und endlosen Auseinandersetzungen reift ein Gedanke in uns: Endlich können wir mich mal selbst interviewen und damit einige Dinge klarstellen.

PHIL: Hi Phil, schön mit dir hier zu sitzen! Du hattest gerade deine ersten Konzerte in den USA. Wie war’s?
PHIL:
Interessante Sache. Es war ja auch mein allererster Aufenthalt überhaupt in Amerika. Lange Zeit habe ich mir den Flug über den Ozean einfach nicht zugetraut, obwohl ich immer wusste, dass die Wiege des Rock ‘n‘ Roll sicher einiges für mich zu bieten hätte. Die Konzerte, die ich hier mit meinem Freund und Kollegen Sam I Am hatte, waren an sich eher unspektakulär. Man braucht nicht zu denken, dass man als Kraut hier rüber kommt und gleich mal in der Carnegie Hall losträllern kann. Ich war aber auf jeden Fall froh, dass ich mich bei meinen Songs für’s Englische entschieden habe. So konnten die Leute auch meine Texte verstehen. Obwohl es, zugegebenermaßen, anfangs schon ein mulmiges Gefühl war, das die Leute da jetzt wirklich ganz genau alles verstehen, was man so verzapft.

PHIL: Dein neues Album heißt ’I Pretend My Room’s A Sailing Boat’. Was willst du den Hörern damit suggerieren?
PHIL:
Mein Segelboot ist ein seelisches Refugium, ein Vehikel, das ich benutzen kann, um zu reflektieren und Orte und Erkenntnisse in meinem Leben zu erreichen und mitzunehmen, um sie in gewisser Weise zu konservieren. Es symbolisiert für mich die Freiheit, das zu tun was ich möchte: Es gibt mir eine gewisse Sicherheit. Wenn ich über mein Tun im Zweifel bin, kann ich mich auf mein Boot zurückziehen und mir klar werden, ob das was ich gerade mache für mein Leben richtig ist, ob es einen Platz hat auf diesem Zuhause.

PHIL: Aha…?
PHIL:
Ja, „die Gedanken sind frei,“ heißt es in einem alten deutschen Volkslied. Und genau das ist das Konzept hinter dem neuen Album – du kannst sein, wo immer du möchtest, wenn du deiner Fantasie genügend Raum gibst. Und du kannst Dinge, die du dir wünschst, auch wahr werden lassen, wenn du sie konkret formulierst.

PHIL: Kannst du ein Beispiel nennen?
PHIL:
Ein gutes Beispiel ist das Album, das ich im Oktober veröffentliche. Es ist immer wieder erstaunlich für mich, wie so etwas entsteht. Am Anfang ist es nicht mehr als eine Idee. Ich habe lediglich ein Gefühl, wie das neue Album werden könnte. Daraus entsteht nach und nach etwas Greifbares, etwas Hörbares. Das schönste ist, wenn alles fertig ist und ich es mit meiner Live-Band zu etwas tatsächlich physikalisch existierendem umwandeln und es meinem Publikum von der Bühne aus geben kann.

PHIL: Du sprichst von einer Live-Band. Wer ist das? Und sind das nicht dieselben Jungs oder Mädchen, die auch auf der Platte zu hören sind?
PHIL:
Ich habe mich irgendwann, so um 2005 herum, entschieden, dass ich meine Aufnahmen im Alleingang machen möchte. Ich spiele alle Instrumente die nötig sind, um Popmusik nach meinen Vorstellungen zu produzieren. Es macht mir großen Spaß, wie ein Maler auf einer Leinwand, Schicht für Schicht, musikalische Farbe für musikalische Farbe aufzutragen. Bis ein für mich stimmiges Bild entsteht. Ich bin davon überzeugt, dass etwas sehr eigenes und intensives entsteht, wenn man sich so intim und selbst bestimmt in etwas hineinversenkt. Meine Live-Band besteht zum größten Teil aus Musikern, mit denen ich schon seit vielen Jahren zusammen spiele und die auch meine beiden vorherigen Alben live umgesetzt haben. Wompl, Michael Kröger, Mr Sil aus Berlin. Neu an Board ist Maxi Karrasz am Bass, der mit mir und ein paar Jungs von der Band Jamaram in einer Musikerkommune im bayerischen Fünf-Seen-Land lebt. Ich spiele mit tollen Musikern, die sehr einfühlsam und liebevoll mit meinen Kompositionen umgehen.

PHIL: Mit deinem letzten Album hast du dich als „Sad Man Walking“ dargestellt. Was ist mit ihm passiert?
PHIL:
Der „Sad Man Walking“ ist ein Symbol für die große Liebe, die gescheitert ist. Es wird immer einen Platz in meinem Leben haben, denn sie ist nicht zurückgekehrt. Allerdings, und das kann man, glaube ich, auch auf „I Pretend My Room’s A Sailing Boat“ hören, habe ich es geschafft, diese Liebe in das Leben selbst zurückzuverlagern. Liebe ist etwas das man in sich trägt. Man braucht keine bestimmte Person, um sie zu fühlen.

PHIL: Das neue Album erscheint auf deinem eigenen Label HAUS BOOT Entertainment. Wollte dich sonst keiner nehmen?
PHIL:
Ich weiß nicht, ob es ein Label gegeben hätte, das meine neue Platte herausgebracht hätte. Ich habe es nicht mal jemandem geschickt.

PHIL: Bist du deswegen frustriert?
PHIL:
Nein, aber ich sehe gerade keinen Sinn darin, sich als Künstler mit einem Label zusammen zu tun. Im Prinzip tun die ja nicht viel anders, als einem zu ermöglichen, überhaupt etwas zu veröffentlichen. Sie geben einem in Form von CD-Herstellung und Investition in Promotion und Marketing einen Kredit zu denkbar schlechten Konditionen. Mir war es in dem Fall lieber, selbst das Risiko einzugehen, eine Stange Geld hinzulegen und dafür die Fäden in der Hand zu haben. Das gute am Untergang des physikalischen Tonträgers ist ja, das man nicht mehr solche Unmengen an CDs herstellen muss, um das Album flächendeckend verfügbar zu machen. Was Vertriebsstrukturen angeht, gibt es in der Zwischenzeit viele Dienstleister, mit denen man als Musiker direkt zusammenarbeiten kann, die es einem ermöglichen, bei i-Tunes, Amazon und anderen Portalen in Erscheinung zu treten. Davon abgesehen, waren meine Erfahrungen mit so genannten Plattenverträgen in den letzten Jahren nicht sehr erbaulich. Ein Klischee zwar, aber leider dennoch die Wahrheit. Es wird einem immer etwas versprochen, das nicht eingehalten werden kann.

PHIL: Worauf freust du dich, wenn du wieder in Deutschland bist?
PHIL:
Natürlich auf die bevorstehende Veröffentlichung und die Tour im Oktober und November. So Phil, und jetzt verdrück dich wieder, du machst mich noch ganz kirre!

PHIL: Ok, Servus !

 

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