Archive for 2010

Ein jÜdisches Gen namens Humor –
Oliver Polak

berlinerweisse

Polak ist ein komischer Jude. Ja, Sie haben richtig gelesen: Oliver Polak ist ein komischer Jude. Aber vielleicht lesen Sie diesen Satz auch falsch. Ich meine nicht, dass Oliver Polak ein komischer Jude ist, so wie man vielleicht denken könnte, dass Michel Friedmann ein komischer Jude ist. Nein. So meine ich das nicht. Oliver Polak ist witzig oder wenn ihnen das lieber ist: Oliver Polak ist lustig. Manchmal muss man die bittere Pille halt schlucken um lachen zu können und so ist es nicht verwunderlich, dass Oliver Polak mehr an die selbstreferentielle Incorrectness eines Woody Allens oder einer Sarah Silverman erinnert, als an den biergeschwängerten deutschen Stammtischklamauks eines Mario Barth.

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Polak ist schwarzhumorisch und selbstironisch und freut sich auch schon mal darüber, dass er in England auch einfach mal Deutscher sein kann. Denn Jude sein ist manchmal wirklich anstrengend. Da kommt es gelegen auch mal einen Song zu machen, der das eigene Leid persifliert: “Lasst uns alle Juden sein” heißt dieser Song, den Polak zusammen mit Erobique aus Hamburg aufgenommen hat. Und wie es sich für popkulturelle Kommunikation gehört, gibt es jetzt auch ein Video zu diesem Song, in dem sich unter anderen Malermeister Daniel Richter (der etwas gelangweilte Typ am Keyboard) und Hamburger Schule-Mastermind Dirk von Lowtzow die Ehre geben. Letzterer gibt dem Ganzen den letzten humoristischen Schliff: “Ich möchte Teil einer Judenbewegung sein”. Na dann, lasst uns alle mal Juden sein.

Oliver Polak trägt gerne bequeme und gerade geschnittene Jogginghosen. Natürlich solche mit den drei Streifen. Dazu Turnschuhe, Kapuzenpulli und Jacke. Er sieht immer so aus, als müsste er eigentlich gleich weiter und als sei ihm das alles etwas unangenehm. Doch unangenehm wird es erst einmal für das Publikum, denn der Panda aus Papenburg geht gerne mal an die Grenzen und stellt sich die wirklich wichtigen Fragen, denen sich ein deutscher Jude heutzutage stellen muss: Wie feiert man am selben Tag Mauerfall und Reichsprogromnacht und in welchem Kostüm? Oder taugt “Meine Oma ist in Auschwitz gestorben” als Anmachspruch? Fragen, die sich keiner zu stellen traut und die Polak beantwortet. Ohne falsche Scham. Unbekümmert. Extrem komisch.

Spätestens wenn Oliver Polak einem Türken versucht zu erklären, wie man jüdische Stand-Up-Comedy macht oder er erzählt wie eine Frau ihn mal fragt: “Sie sind ja Jude. Kann man davon eigentlich leben?”, spätestens dann wird klar, dass hier jemand auf der Bühne steht, der aus einer ganz anderen Generation wie Henryk M. Broder stammt und der seine ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse einfach so in den popkulturellen Echoraum hinausposaunt. Und weil grandiose Selbstüberschätzung zu dieser Generation und zum Handwerk eines jeden guten Comedian gehört, verschont uns Oliver Polak auch nicht mit seinen Sangeskünsten: “Lasst uns alle Juden sein” heißt dieses zusammen mit dem Hamburger Indietronic-Helden Erobique produzierte Stück elegischer Verantwortungsmusik, welches das Leben feiert und das Publikum in einen kollektiven Rausch versetzt. Plötzlich ist man mittendrin und feiert seine eigene Bar Mitzwa. Eine solche Show hat es in Deutschland noch nicht gegeben, denn Polak bricht Tabus wie Bulimiker ihr Essen und gibt Deutschland damit etwas wieder, von dem man glaubte, es wäre diesem Land verloren gegangen: Jüdischen Humor. Dabei muss er nicht intellektuell sein um aufklärerisch zu wirken. Manchmal bringen einen die vermeintlichen kleinen Erkenntnisse des Lebens weiter: Es ist nicht einfach Frauen ins Bett zu quatschen, da hilft dir auch der Holocaust nicht weiter.

Das Live-Programm von Polak ist soeben als CD erschienen: “Jud Süß-Sauer. Die Show” heißt das gute Stück und ist überall im Handel erhältlich.

Wir verlosen 2 Exemplare, einfach bis zum 15. Dezember eine Mail mit dem Betreff “ich will auch Teil ener Judenbewegung sein” an verlosung[at]blank-magazin.de schicken und Glück haben. Rechte Wege sind natürlich ausgeschlossen.

Ich habe Kathi nicht in den
Arm genommen

Gott sei Dank bin ich so vergesslich. Stellen Sie sich einmal vor, sie könnten sich an alles erinnern, dass Ihnen jemals widerfahren ist. Wenn es mir so ginge, ich würde mich vermutlich gar nicht mehr vor die Haustür trauen, weil ich an jeder Ecke Unheil vermuten würde. Diese Aussage lässt jetzt vermuten, dass mir in meinem Leben schon sehr viel oder gar vor allem Unheil begegnet ist. Nun, nein. Nicht nur. Aber auch. Zum Beispiel in Form von wildfremden Menschen, die mich auf den Gehwegen und Plätzen dieser Stadt ansprechen und versuchen, mich von ihrer „guten Sache“ zu überzeugen. Gehen Sie einmal über den Alexanderplatz, Sie werden sofort Freunde finden. Entweder von Scientology, der Berliner Zeitung, vom Deutschen Naturschutzbund oder sonstigen Vereinen mit Geldsorgen.

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Der Berliner Kunstherbst –
Zwischen Form und Format

abc-art

Plötzlich war es da, das rot-goldene Farbenspiel in den Straßen, der Herbst war in die Stadt gekommen und mit ihm 40.000 Galeristen, Künstler, Kunstsammler und alle, die sich sonst noch so zu dem Dunstkreis der Kunst zählen. Bereits zum 15. Mal pilgert diese illustre Gesellschaft nun zu den grauen Hallen des Messegeländes. An der Peripherie der Stadt, zwischen Autobahnzubringern, Busbahnhöfen und griechischen All You Can Eat – Imbissen versammelt sich der Kunstbetrieb, in dem wohl einzigen Gebäude weit und breit, dessen architektonischer Anspruch über den der reinen Funktionalität hinaus geht. In diesem Jahr wurden die jungen Galerien aus dem Sektor Fokus in die Hauptausstellung integriert und nicht wie in den letzten Jahren separat behandelt. Aber die wohl größte Neuerung stellte hingegen die Kooperation mit der abc art berlin contemporary dar.

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Oft als kleiner Bruder des Art Forums missverstanden ist die abc genau eines nicht, und zwar eine klassische Kunstmesse. Mit einem Format, das zwischen Gallery Weekend und Ausstellung changiert, liegt ein großer Unterschied vor allem in der Themenbezogenheit der abc. Das mag zunächst einmal nicht verwundern, da die Initiatoren der abc auch die Gründer des jährlich stattfinden Gallery Weekends sind und damit bereits erheblich zur Berliner Kunst- und Kulturlandschaft beigetragen haben.

Das flexible Konzept der abc hat sich die letzten drei Jahre bewährt: jedes Jahr ein anderes Motto und ein anderer Ort. Durch diesen damit einhergehenden Prozess der Selbstreflexion gewährt die Ausstellung ein stetiges Anpassen an aktuelle Strömungen und Entwicklungen im Kunstbetrieb. Auch in diesem Jahr hat sie den Anspruch verfolgt, gegenwärtige Tendenzen im Kunstbetrieb nicht einfach nur abzubilden sondern zu hinterfragen und zu analysieren. Mit dem diesjährigen Thema light camera action lag der thematische Fokus auf dem Verhältnis zwischen Kunst und Film. Wie selbstverständlich wird das Medium Film in der zeitgenössischen Kunst verwendet, das Verhältnis zwischen Film und anderen Darstellungsformen kommt dabei in den meisten Fällen zu kurz. Der Film kann uns eine neue Perspektive auf unsere Umwelt gewähren, so zum Beispiel in Frank Stürmers Videoinstallation: In Untitled (Gondol) beobachtet man als Zuschauer das Geschehen eines Jahrmarkts von einem Riesenrad aus. Szenen, die zunächst belanglos und alltäglich wirken, offenbaren nur nach wenigen Sekunden der Beobachtung ihren Wert. Das vermeintlich banale wird einmalig und essentiell, die Riesenradfahrt zu einem ethnologischen Exkurs, der uns unsere Umwelt und die Menschen um uns herum näher bringt. Wo es Stürmer gelingt, uns durch das Medium Film, die Welt näher zu bringen, erinnert uns Julien Previeux mit ihrem Film Post-Post-Production an die Prozesse, die unsere Realität konstruieren. Die Masse an Informationen, die wir tagtäglich erhalten, ist zum großen Teil medial vermittelt. Wir beziehen unser Wissen über die Welt aus Fernsehen, Internet, Film und Fotografie. Der Prozess der Post-Post-Production offenbart die Manipulierbarkeit dieser Informationen und lässt uns an dem Gesehenen zweifeln. Daraus ergibt sich konsequenterweise ein Diskurs darüber, welche Ausstellungsformate zeitgenössische Kunst benötigt, damit sie in ihrer ganzen Komplexität rezipiert werden kann. Werden Skulpturen und Gemälde vor allem betrachtet, ist die Rezeption eines Filmes weitaus komplexer und benötigt in den meisten Fällen mehr Zeit und eine intensivere Beschäftigung mit dem Kunstwerk. Aus diesem Grund steht bei der abc das Werk des Künstlers im Vordergrund, nicht wie bei Messen sonst üblich die Galerien mit ihren zahlreichen Künstlern. Das Kunstwerk als Ganzes zu betrachten und nicht als einzelnes, aus dem Werk herausgelöstes Objekt, ist ein Anfang, um der Komplexität und Vielschichtigkeit der zeitgenössischen Kunst näher zu kommen. Die zeitgenössische Kunst benötigt diese Aufmerksamkeit und das Wissen über eine Bandbreite von Arbeiten, um verstanden zu werden. Das Ausstellungsformat der abc ist damit weitaus zukunftsweisender als die klassische Darstellungsform des Art Forums.

Antonia Märzhäuser

Das Nähen

Ich habe eine erschreckende neue Leidenschaft entdeckt. Also, zumindest für mich war es erschreckend: Das Nähen. Und das kam so:

Meine Tochter hatte Geburtstag. Mitten im Sommer (oder das, was man hier so nennt). Und vor kurzem hat sie sich dazu entschieden, seit neuestem Harry Potter Fan zu sein. Weswegen sie sich auch ein Hogwarts- Outfit zum Geburtstag wünschte, also so eine englische Schuluniform.

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“Ist das wirklich meine Stadt?” oder
“Kulturpolitik von und fÜr BÜrokraten”

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Hamburg – einstmals und zukünftig von Cosma Shiva Hagen

Seit über zehn Jahren lebe ich in meiner sogenannten Wahlheimat Hamburg. Vielleicht sollte ich noch hinzufügen: “Und das ist auch gut so!”. Denn seit geraumer Zeit werde ich mit ungläubigen, verdutzten Gesichtern bestraft, wenn ich zu der Frage nach meinem Wohnsitz mit “Hamburg” antworte. Ich denke nicht, dass es daran liegt, dass die meisten Menschen Nina Hagen mit Berlin assoziieren, sondern daran, dass es den meisten Menschen schier unmöglich erscheint, als Schauspielerin und als Kunsthaus-Betreiberin in Hamburg zu überleben. Muss man als Künstler in Berlin angesiedelt sein?

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Die Presse überschlägt sich dieser Tage mit Meldungen über Künstler von Lindenberg bis Westernhagen, die dieser Stadt den Rücken kehren, weil der Reiz verloren gegangen ist und sie sich von der kreativen Szene Berlins angezogen fühlen. Dann liest man bahnbrechend intelligente Sätze wie “Hamburg darf im Wettbewerb um die besten Künstler und Events nicht den Anschluss verpassen”…! …? Nur, wer soll da helfen? Die Behörden? Bürokratisches Kulturschaffen geht meist in die falsche Richtung und oft am Publikum vorbei. Bedauerlicherweise hat noch niemand begriffen, dass es die Künstler, Musiker und Clubbesitzer sind, die die kulturelle Vielfalt einer Stadt gestalten und auch leben. Rücksichtsloser Umgang mit dem Nachtleben hat schon in anderen Städten dazu geführt, dass die Clubszene stirbt und es an geeigneten Venues mangelt.

Wenn man die Themen “Subkultur Hamburg” oder “Clubsterben Hamburg” bei Google eingibt, wird man von einer Welle der Entrüstung und Panik überflutet. Dieses alarmierende Thema scheint grenzenlos und ein leises Flüstern wird langsam aber sicher zu einem hysterischen Anfall. Diskussionsforen sprudeln über, wenn es um die Clubs am Verkehrsknotenpunkt oder inzwischen Kulturknotenpunkt Sternbrücke geht, die bis zum Ende des Jahres 2009 das Feld für geplante Renovierungen der Deutschen Bahn räumen müssen. Dass die Frist für dieses Vorhaben nun bis 2014 verlängert wurde, tut der allgemeinen Panik verständlicherweise keinen Abbruch, denn beispielsweise der Waagenbau hat eines der abwechslungsreichsten Programme für alle Nachtschwärmer von Live Events bis zu Hip Hop, Elektronik und mehr.

Das Ende des Waagenbaus und den umliegenden Clubs würde fast schon Münchener Verhältnissen gleichen… Das hört sich vielleicht übertrieben an, ist es aber keineswegs, wenn man bedenkt, dass die Staatsförderung der Elbphilharmonie von 70 Millionen auf 323 Millionen gestiegen ist und eine Plattform für eine Minderheit bietet. Ich will damit nicht sagen, dass die Elbphilharmonie überflüssig wäre! – Aber das Geld und vor allem die Energie, die investiert wird, beispielsweise in Akustiker, Architekten, Anwälte, Pläne und Gedanken, ist im Vergleich zu laufenden, um Hilfe ringenden Institutionen Hamburgs geradezu lächerlich. In Zeiten der Weltwirtschaftskrise wird gespart und an anderen Ecken wird geprasst. Die kleinen Clubs sterben, Arbeitsplätze gehen flöten, Existenzen werden ruiniert und es gibt keine vernünftige Förderung für Musik-, Club- und Kunstliebhaber im Alter von 20 bis 50 Jahren – also rund 70 Prozent der Gesellschaft.

In der Vergangenheit gab es keinen guten Club ohne Gerüchte über eine Schliessung, sei es beispielsweise wegen finanzieller Probleme wie im relativ kleinen Molotow, wo Bands wie Mando Diao, Billy Talent, The White Stripes und andere ihre ersten Hamburg-Konzerte vor kleinem Publikum hatten. Anderswo ist die Lautstärke problematisch oder es gibt Querelen mit den Behörden. Fakt ist: Jede Schliessung beschneidet und unterdrückt die kulturelle Vielfalt der Stadt. Es ist mir ein Rätsel, warum es von der Stadt keine Förderung für die lebenswillige eigenständige (Sub-)Kultur Hamburgs gibt und man sich gleichzeitig darüber wundert, dass viele Künstler, die hier leben, das Weite suchen, obwohl Hamburg als so weltoffen gilt. Möglicherweise bin ich bei diesem Thema ein wenig emotional aber ich glaube zu wissen, wovon ich spreche.

In einem Anflug von Idealismus und Naivität habe ich im Mai 2009 die “Sichtbar” eröffnet. Ich wollte im Rahmen einer Nachtclub-Galerie eine Plattform für Künstler aller Art schaffen und stellte mir das Ganze als eine endlose kreative Party vor. Schnell begriff ich, dass 80 Prozent der Arbeit das bürokratische Umkämpfen der eigenen Rechte darstellt. Andere Clubbesitzer sagten mir nur mit einem wissenden, müden Lächeln “Willkommen in der Gastronomie”.

Es ist fast unmöglich, mit Musikclubs Geld zu verdienen. Abzüglich der Personal- und Technikkosten, Abgaben an die Künstlersozialkasse oder die GEMA-Gebühren, Quellensteuer usw. bleibt letztendlich meist nichts übrig. Ich las in einem Interview mit Karsten Schölermann, der seit mehr als 30 Jahren das “Knust” betreibt und 2001 umziehen musste, um drei Jahre später im Schlachthof ein neues Domizil zu finden: “Musikclubs gibt es nur, weil es Selbstausbeutung gibt, wir werden einem Tarif zugeordnet, der für Tanzmusik in Hotelfoyers geschaffen wurde, machen aber keine Unterhaltung sondern Präsentation, bilden Nachwuchs aus, auch den der GEMA, und werden dafür bestraft.”

Es gibt kaum eine Verhältnismäßigkeit bei der Wahrung der Rechte der Anwohner vs. der Rechte der Kulturschaffenden und Genießenden, grosses Beispiel dafür ist die Geschichte von Leila Pantel, Bossanova-Sängerin aus Hamburg, die um 23 Uhr bei einem Live Konzert am Hamburger Berg wegen einer einzelnen Beschwerde von der Polizei gestoppt wurde… Und wir sprechen hier von leisen Bossanova-Tönen, nicht von einem Subwoover, 150 bpm und elektroakustische Verstärkung! Ich wage zu bezweifeln, dass die Geräuschkulisse am Hamburger Berg durch die Beendung des Konzerts in irgendeiner Weise geschmälert wurde. Im persönlichen Miet- und Wohnrecht sind 2 Stunden täglich für eine “laute” Beschäftigung – beispielsweise das Üben eines Instruments – erlaubt. Gastronomisch und gewerblich sieht es da leider anders aus. Eine einzige Beschwerdeperson kann den ganzen Saal stoppen.

Um ein anderes sehr gutes Beispiel für Behördlichenwahn ohne Sinn zu erklären, erzählt man sich in Hamburg gerne das Schanzenviertel-Märchen: “Es war einmal, vor sehr langer Zeit ein unentdecktes Land, wo alles schöne bald verschwand…”

Im März 2009 explodierten die Mietpreise im Schanzenviertel und alt eingesessene Bewohner und Ladenbetreiber mussten sich in Staub auflösen. Läden, die seit jeher dort angesiedelt waren, mussten sich von neuen Läden verdrängen lassen. Peter Haß, 63-jähriger Robin Hood der Schanze, der seit mehr als 30 Jahren dort lebt und als Mitglied des Bürgerzentrums “Centro Soziale” für den Erhalt des Viertels kämpft, sagte: “Wenn das so weiter geht, haben wir bald nur noch Schicki-Micki-Läden und -Ketten hier, die im Zentrum der Stadt schon mehrfach zu finden sind.”

Wenn man die Besonderheit eines Stadtteils ausdrücken will, würde man vielleicht auch den Ausdruck “das gewisse Etwas” benutzen. Entweder man hat es, oder man hat es nicht! Die Ausstrahlung kommt von innen! Geographisch gesehen kann man also sagen, dass das Innere des Schanzenviertels die Menschen sind, die dort leben, arbeiten und etwas kostbares erschaffen – man könnte auch sagen, sie erschaffen gemeinsam die Seele des Viertels.

Hamburg hat diese Seele an den Teufel verkauft. Seither erhofften sich nicht nennenswerte Firmen, dass sich durch ihre bloße Anwesenheit im “Schanzenhimmel” wenigstens ein bisschen dieser sogenannten Seele abfärbt. Aber das Gegenteil war der Fall! MANN KÖNNTE ES AUCH ALS IRONIE DES SCHICKSALS BEZEICHNEN, dass man sich tatsächlich darüber wundert, dass die vor Diebstahl schützende Glasscheibe vorm Laden keine 24 Stunden hält und der Nachbar nichts abbekommen hat. Erleichtert stellt man fest, dass “zum Glück nichts geklaut wurde” und ein Wink mit den Zaunpfeil wird zu einer Geschichte voller Missverständnissen… Denn niemand, der durchs Schanzenviertel läuft, braucht diese kommerziellen Läden. Die einzigen, die darunter leiden, sind die Ureinwohner die nun Gast im eigenen Land sind, oder Punks, die für alles schlechte verantwortlich gemacht werden, weil man der Meinung ist, dass “sonst niemand Interesse daran haben könnte, etwas zu beschädigen”.

Warum also lässt Hamburg das zu? Unwissenheit? Ignoranz? Habgier? Vielleicht eine Mischung aus all diesen Dingen. Der rettende Prinz heißt “Macciato-Stop” und soll im kommenden Jahr mit einer Schutzverordnung mehrere Szeneviertel vor dem Untergang bewahren. Mitte 2011 soll eine Verordnung in Kraft treten, die die angestammte Bevölkerungsstruktur auf St. Pauli, im Karoviertel, in St. Georg und dem Schanzenviertel vor Luxussanierung oder spekulativer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen bewahrt.

Aber ich frage mich, seit wann Aschenputtel zum Dornröschen wurde und eine Stadt sich vor sich selbst schützen muss, weil sie verschlafen hat, welch individuelle Schönheit sie in Wahrheit besitzt.

Tourismus entsteht nicht im Reiseführer! Sondern beispielsweise in den größten Musikclubs oder auf der Strasse – durch Mund-zu-Mund-Propaganda, Stille Post. Menschen lernen sich kennen und fragen: “Was ist das Geheimnis deiner Stadt? Wo muss man hin, wenn man die ‘heiligen Hallen’ nicht verpassen möchte?” Geheimnisse sind vergänglich! Und trotz der vielbesagten nordischen Distanz und Kühlheit ist auch dieses Geheimnis öffentlich geworden und Behörden, Geld und Firmen haben versucht, ihren Teil zu sichern.

Ich würde mir von eingefleischten Hamburgern eine Art Revolution wünschen, um die Seele der Stadt zu erhalten, beispielsweise in Form von Beschwerde-Briefen an die Senatsbehörden: Einen Kampf anzetteln für die Förderung der vielfältigen kreativen gewachsenen Subkulturen und deren Rechte . Frei nach dem Motto: ” …they tried to make me go to rehab, but I said no no no…!”

Eine lebende Hamburger Legende namens Otto Waalkes gab mir vor einigen Jahren den Ritterschlag und machte mich zum deutschen Schneewittchen. Die Frage zur Schönsten im ganzen Land ist mir seitdem also nicht unbekannt. Meiner Meinung nach ist Hamburg die schönste Stadt Deutschlands und schon deswegen zu beneiden. Auch wenn es die reichste Stadt nach dem letzten Krieg war, kann man sich Style bekanntlich nicht kaufen. Die Internationalität durch den Hafen, die Menschen, die Mentalität und die Schönheit dieser Stadt machen Hamburg einzigartig.

Wenn sich weiterhin alles darum dreht, Stadtteile zu ändern weil keiner begreift, dass der Stadtteil von den Menschen und nicht von den Behörden gemacht wird, nimmt das eine sehr traurige Wendung.

Es ist mir unbegreiflich, das Institutionen, die von der Kultur einer Stadt leben wollen und es im Endeffekt auch tun, ihren Kultur (er)schaffenden Instanzen Steine in den Weg legen, statt sie zu unterstützen und die grundlegendste Wahrheit ihrer eigenen Arbeit nicht begreifen: Musikclubs sind keine kommerziellen Betriebe, es sind Kulturbetriebe! Und freie Kultur entsteht nur da, wo es keine Frage des Portemonnaies ist.

Die Moral der Geschichte lässt sich schnell zusammenfassen: Hamburg lässt sich nicht so einfach über den Tisch ziehen. Denn der wichtigste Faktor wurde beinahe vergessen: Das Herz, das mit jedem Schlag den Ton angibt!

Jan Delay sagte einmal: “Das ist meine Stadt, schön und abgefucked”. Ich würde noch hinzufügen: “So soll es sein, so kann es bleiben.”

Cosma Shiva Hagen

Blank Fashion – PT. 6

BLANK Cover-Shooting

Photographie: Matthias David | Model: Luzie Loose | Haare & Make up: YAB Berlin | Styling: Fleur Uhlenbrock & Elmar Bracht

Ob Sonnenaufgänge à lá Olafur Eliasson oder von Blumen übersäte Röcke und Walla-Walla-Kleider, die Natur ist diesen Sommer die liebste Freundin von Kunst und Mode. Die Städter sehnen sich nach der grünen Unschuld und es scheint so, als wären Jungen und Mädchen diesen Sommer aus einem Astrid Lindgren Buch entschlüpft. Die Romantiker wussten bekanntlich einige Oden an die Natur zu verfassen und so steht unser Sommer-Shooting ganz im Zeichen dieser sehnsuchtsvollen Verklärtheit. (Text: Antonia Märzhäuser)

Blank Fashion – PT. 5

Cécile Sayuri fotografiert Jennifer Ulrich

Photographie: Cécile Sayuri Styling: Aude Jamier Makeup: Karina Berg

Als Schauspielerin hat Jennifer bereits ihre Wandelbarkeit bewiesen und trotzdem überrascht sie ihr Umfeld immer wieder mit neuen Facetten. Natürlich und zerbrechlich, von einer leisen Schönheit, diese Mischung entwickelt vor der Kamera eine Anziehungskraft, der man sich nicht entziehen kann. Und so wurden wir während unseres Shootings Zeugen einer weiteren Metamorphose, dessen Ergebnis ihr hier bewundern dürft.

Blank Fashion – PT. 4

Manuel Cortez fotografiert Wilson Gonzalez Ochsenknecht

Photographie: Manuel Cortez Photographie Assistenz: Dennis Keri Styling: Miyabi Kawai (yab agentur) Styling Assistenz: Liselotte Kesper (yab agentur) Hair-Makeup: Katrin Gerst, Kathleen Mertsch, Aylin Jandt, Lisa Schulze-Garbrechten (alle yab agentur)

Wilson Gonzalez & die Girls. Manuel Cortez fotografierte den Jungschauspieler exklusiv für BLANK in der Möbelfabrik Berlin. Mehr zu Wilson Gonzalez Ochsenknecht, mehr Bilder aus diesem Shooting und mehr über den Modedesigner Tom Rebl in BLANK NR.7

Ommwriter

Das hier soll mein erster Text werden, den ich mit dem sogenannten “Ommwriter” schreibe. Ein Textprogramm für den Mac, das ich erst vor kurzem entdeckt habe, weil jemand auf seiner Facebookwall darauf hingewiesen hat. Das Besondere an diesem Textprogramm ist die Reduzierung auf einen Hauch von nichts. Ich hab keine 5000 klickbaren Möglichkeiten, sondern ein ganz weißes Bild als Hintergrund, mit zwei Bäumen im Schnee/Nebel und dazu gibt es eine Art Ambient-Musikuntermalung, die nicht ablenkt, sondern noch mehr beim Fokussieren helfen soll. Sobald ich die Maus bewege, erscheint um den Text herum ein eher rudimentäres Menü, in dem ich aus drei Fonts, einigen anderen Hintergründen und weiteren Audiotracks auswählen kann. Das ist alles. Und das lustigste daran ist eigentlich: Es scheint, als hätte man auf so was nur gewartet.

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Blank Fashion – PT. 3

Svenja Eckert fotografiert Siri Svegler

Photographie: Svenja Eckert Hair-Makeup: Aylin Jandt Styling: J. Finke/ S. Svegler

Sie kommen aus dem hohen Norden, machen Musik und sehen unheimlich gut aus. Doch alle über einen Kamm zu scheren wäre nicht gerecht, denn die in Berlin lebende schwedische Sängerin Siri Svegler, die mit “Silent Viewer” (Compost) 2009 ihr Debut ablieferte, erfüllt keine Klischees, sie erfüllt Sehnsüchte. Und das ist schon mal eine ganze Menge.

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